Mal wieder eine Review in Deutsch da dieses Buch scheinbar nur in Deutsch und der Weltsprache Estnisch erschienen ist.
Hildesheimers Lieblose Legenden ist eine Sammlung von absurden Kurzgeschichten, die sich zumeist einen Aufhänger suchen, daran in mehr oder weniger origineller Weise mit Wortwitz abarbeiten, aber sich dann leider für meinen Geschmack tatsächlich daran aufhängen. Von den 18 Legenden haben mir ganze zwei gefallen. Zunächst zum Positiven.
‚Das Gastspiel des Versicherungsagenten‘ dreht das Klischee vom gescheiterten Künstler, der sich einen ordinären Brot-und-Butter-Job suchen muss, auf den Kopf. Ein gefeierter Pianist möchte nichts lieber sein als ein Versicherungsagent. Eine schöne lange Nase an alle Möchtergernkünstler, die auch heute noch aktuell ist.
‚Warum ich mich in eine Nachtigall verwandelt habe‘ erzählt von einem Zauberkünstler, der Menschen in Tiere verwandeln kann und das auch tut. Der lakonische Witz der Geschichte auf Kosten banaler Alltagsmenschen hat mich zum einzigen Mal in dieser Sammlung laut lachen lassen.
Alle anderen Legenden kämpfen mit dem beschränkten Blickwinkel des Autors, der sich meist nicht aus seiner Kunstblase lösen kann und einer Verhaftung in der Zeit ihres Entstehens. Viele der Geschichten sind pointierte Betrachtungen des Geistes- und Kulturlebens der 50er Jahre und damit für mich von vornherein uninteressant. Andere Geschichten mögen für ihre Zeit originelle Stilblüten gewesen sein. Aber mir erschließt sich nicht die Faszination von Geschichten, die Sprichwörter wie ‚Eulen nach Athen tragen‘ oder ‚Viele Köche verderben den Brei‘ auswalzen oder als absoluter Tiefpunkt der Kollektion ein scheußliches Gedicht von Hans-Magnus Enzensberger weiter ausgestalten.